Verschärfte Regeln für die Haltung von Nutz- und Haustieren forderten Experten zum Abschluss der Tierschutztagung in der Evangelischen Akademie Bad Boll am 13. März. Rund 100 Tiermediziner, Tierschützer und andere Interessierte diskutierten drei Tage, wie in Zeiten von Massentierhaltung und Haustier-Boom ein artgerechter Umgang sichergestellt werden kann.
Mindeststandards erhöhen
Wir müssen die Mindeststandards erhöhen hin zu einer tiergerechten Haltung. Bisher herrscht im Gesetz das Prinzip der reinen Schadensvermeidung vor, sagte Dr. Reinhart Kluge vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung. Den zuständigen Amtstierärzten seien oft die Hände gebunden, weil bestehende Regeln nicht ausreichten, um Tiere ausreichend zu schützen. Als Anreiz für Landwirte, sich an diese Standards zu halten, sei ein Förderprogramm der Bundesregierung wünschenswert, das gute Tierhaltung belohne.
Das Tier als Betriebsmittel
Männliche Küken in Legebatterien werden geschlachtet, weil sie keinen Nutzen bringen. Hochgezüchtete Puten setzen so viel Fleisch an, dass sie nicht mehr laufen können solche und zahlreiche weitere Beispiele zeigen: Nutztierhaltung nimmt auf das einzelne Tier oft keine Rücksicht, es wird nicht als Lebewesen, sondern als Betriebsmittel betrachtet. Wir wissen, dass die Milch aus der Tüte kommt, aber wie sie da rein kommt, wollen viele nicht so genau wissen, so Kluge.
Nachweis der Sachkunde für alle Tierhalter
Neben verschärften Vorschriften empfehlen die Experten außerdem, Sachkundenachweise für alle Tierhalter einzuführen, auch um Auswüchse bei der Haustier-Haltung zu unterbinden. Es scheint dem Pudel egal zu sein, ob sein Fell weiß oder pink gefärbt ist, aber tiergerecht ist so etwas natürlich nicht, sagte Dr. Silvia Blahak von der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V.
Wo Haustiere zum Statussymbol verkommen, aus optischen Gründen unnatürliche Merkmale angezüchtet werden oder Menschen Tiere eigens zur Jagd aussetzen, würden eindeutig Grenzen überschritten.
Würde des Tieres ins Grundgesetz
Ob die Würde des Tieres explizit in das Tierschutzgesetz oder sogar in das Grundgesetz aufgenommen werden sollte, blieb unter den Experten umstritten. Einige Fachleute plädierten dafür, stattdessen nur konkrete Vorschriften zu verschärfen. Andere versprechen sich vom expliziten Schutz der Tierwürde mindestens eine Signalwirkung, die den Blick auf das Tier in der Gesellschaft verändern würde. Einig waren sich die Tagungsgäste darin, dass das Verbot sexueller Handlungen an und mit Tieren in das Tierschutzgesetz ausdrücklich aufgenommen werden müsse.
Kooperationspartner
Kooperationspartner der Veranstaltung waren die Bundestierärztekammer (BTK), der Bundesverband der beamteten Tierärzte (BbT), der Bund gegen Missbrauch der Tiere e. V., der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (BPT), der Deutscher Tierschutzbund e. V. (DTSchB) und die Tierärztli-che Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT). Pfarrerin und Studienleiterin Kathinka Kaden leitete die Tagung.