19.10. - 20.10.2017, Evangelische Akademie Bad Boll

Zum gesellschaftlichen Umgang mit Gefährlichkeit

Ist die psychiatrische Maßregel noch zeitgemäß?

Wie geht eine Gesellschaft mit Menschen um, die als gefährlich gelten? Wie wird mit psychisch Kranken verfahren, die anderen durch ein schweres Delikt Schaden zugefügt haben? Wie lässt sich die Gefahr bestimmen, die von ihnen ausgeht? Gehörden sie weggesperrt, um sie später mühsam wieder in die Gesellschaft zurückzuführen? Oder ist es nicht an der Zeit, diese als psychiatrische Maßregel vorgesehene Sanktion so umzugestalten, dass neue Entwicklungen der Gemeindepsychiatrie für diese Menschen genutzt werden? Vorschläge und Antworten zu diesen Fragen werden vorgestellt und diskutiert.

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Thema

Die Frage nach dem angemessenen Umgang der Gesellschaft mit Menschen, die als gefährlich eingeschätzt werden, ist nicht erst seit dem "Fall Mollath" aktuell.
Dies gilt besonders im Blick auf psychisch erkrankte Personen, die durch ein schweres Delikt anderen erheblichen Schaden zugefügt haben. Wie lässt sich ihre "Gefährlichkeit" für die Zukunft überhaupt präzise bestimmen? Taugen dazu noch die sogenannten juristischen Krankheitsmerkmale des § 20 StGB? Gehören diese Menschen neben oder über ihre Strafe hinaus langjährig in geschlossenen psychiatrischen Einrichtungen weggesperrt, um sie irgendwann mühsam wieder in die Gesellschaft zurückzuführen?
Wäre es nicht an der Zeit, diese seit über 80 Jahren als psychiatrische Maßregel nach § 63 StGB vorgesehene Sanktionsform zeitgemäß so umzugestalten, dass auch die neuen Entwicklungen der Gemeindepsychiatrie für sie genutzt werden können? Sicherung und Freiheitsentzug nur solange und nur in dem Maße, wie ein Mensch tatsächlich "gefährlich" ist. Gleichrangig sind daneben alle Möglichkeiten einer engen ambulanten Betreuung durch die Dienste und Einrichtungen einer inzwischen vielgestaltigen Gemeindepsychiatrie wahrzunehmen. Vorschläge und Antworten zu diesen Fragen werden vorgestellt und können darüber hinaus mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieser Tagung erarbeitet werden.

Wir laden Sie ein in die Evangelische Akademie Bad Boll am Fuß der Schwäbischen Alb.

Stefan Corda-Zitzen, DGSP, Viersen
Dr. Heinz Kammeier, DGSP, Münster
Dr. Klaus Obert, DGSP, Stuttgart
Wolfgang Mayer-Ernst, Evangelische Akademie, Bad Boll

Programm

Donnerstag, 19. Oktober 2017

10:00

Ankommen bei Kaffee, Tee und Brezeln im Café Heuss

10:30

Begrüßung

Wolfgang Mayer-Ernst

10:35

Psychische Krankheit, Gefährlichkeit und die Medikalisierung der Forensik

Eine historische Hinführung zu gegenwärtigen Problemen

Dr. jur. Heinz Kammeier

11:10

Gefährlichkeit: Risiko, Gefahr und Angst

Ein sozialwissenschaftlicher Zugang

Martin Feißt, M. A.

11:35

Schuldfähigkeit - Schuldunfähigkeit

Ist die Feststellung der Schuldfähigkeit bzw. der Schuldunfähigkeit nach §20 StGB noch empirisch aktuell, verfassungsrechtlich legitimierbar und

sanktionsrechtlich sinnvoll?

Prof. Dr. jur. Anja Schiemann

12:00

Zum gesellschaftlichen Umgang mit Gefährlichkeiten

Eine Analyse der Konzeption des StGB

Prof. Dr. jur. Jörg Kinzig

12:30

Mittagessen im Symposion

14:00

Arbeitsgruppen 1 - 3

Erarbeitung und Formulierung von Thesen zur Weiterentwicklung des Maßregelrechts

15:30

Kaffeepause im Symposion

16:00

Weiterarbeit in den Arbeitsgruppen 1 - 3

18:00

Abendessen

19:30

Die staatliche Plicht zum Schutz Dritter und die Selbstbestimmung im Behandlungsrecht

Vorgaben und Herausforderungen der UN-BRK bei der Gefahrenabwehr nach Maßregelrecht (und PsychKG)

Dr. phil., Dipl. Psychologe Michael Wunder (angefragt)

Freitag, 20. Oktober 2017

08:00

Morgenandacht in der Kapelle

Wolfgang Mayer-Ernst

08:20

Frühstück im Symposion

09:00

Präsentation der Thesen aus den Arbeitsgruppen

09:30

Rechtspolitische Forderungen und versorgungspolitische Perspektiven zur Weiterentwicklung der psychiatrischen Maßregel

Zu den erforderlichen rechtlichen Vorgaben und notwendigen Veränderungen der Institutionen Krankenhaus und Gemeindepsychiatrie

Matthias Rosemann, M. A.

10:30

Kaffeepause im Café Heuss

11:00

Arbeitsgruppenphase

Entwicklung von Umsetzungsstrategien der erarbeiteten Thesen und Ziele

11:00

Arbeitsgruppen 4 - 7

12:30

Präsentation der Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen

13:00

Mittagessen im Symposion

14:00

Der Psychiater und seine Gefahr - Von der gefährlichen Annahme, die Gefährder erkannt zu haben

Dr. phil. Bettina Stangneth

15:00

Kaffee, Tee und Kuchen im Symposion und Ende der Tagung

Workshops

Workshop Nr. 1:

Gefährlichkeit

Wie sie straf- und sanktionenrechtlich verarbeitet wird und wie sie verarbeitet werden sollte
Referent: Dr. med. Udo Frank
Koreferent: Martin Feißt, M.A.

Workshop Nr. 2:

Der Psychiater

Als Akteur zwischen Krankheit, Gefährlichkeit und gesellschaftlicher Schutzpflicht.
Referent: Dr. med. Dirk Hesse
Koreferentin: Prof. Dr. jur. Anja Schiemann

Workshop Nr. 3:

Die psychiatrische Maßregel

Im Spannungsfeld zwischen fürsorgender Behandlung und dem Sicherungsauftrag der Gesellschaft. Wohin sollte der Weg gehen?
Referent: Dipl. Psych. Tilmann Hollweg
Koreferent: Prof. Dr. jur. Jörg Kinzig

Workshop Nr. 4:

Umsetzungsstrategien im Bereich Politik, Recht und Gesetzgebung

Dipl. psych. Uwe Dönisch-Seidel
Moderation: Dr. jur. Heinz Kammeier

Workshop Nr. 5:

Vernetzung und Kooperation im Bereich Gesundheit und Soziales

Dr. phil. Friedhelm Schmidt-Quernheim
Moderation: Friedrich Walburg

Workshop Nr. 6:

Umsetzungsstrategien im Bereich der Versorgung/der Fachverbände

Dr. med. Hermann Elgeti
Moderation: Dr. phil. Klaus Obert

Workshop Nr. 7:

Umsetzungsstrategien für Öffentlichkeitsarbeit/Meinungsgestaltung

Dipl. Soz und Journalistin Uta Eisenhardt
Moderation: Stefan Corda-Zitzen

Referierende

Leitung

Wolfgang Mayer-Ernst;Studienleiter;Evangelische Akademie Bad Boll

Stefan Corda-Zitzen, DGSP, Viersen
Dr. Heinz Kammeier, DGSP, Münster
Dr. Klaus Obert, DGSP, Stuttgart
Patrick Nieswand, DGSP, Köln
Richard Suhre, DGSP, Köln

Referierende, Moderierende, Mitwirkende

Dipl. Psych. Uwe Dönisch-Seidel
Landesbeauftragter für den Maßregelvollzug NRW,, Düsseldorf

Dipl. Soz Uta Eisenhardt
Gerichtsreporterin und Sachbuchautorin, Berlin

Dr. med. Hermann Elgeti
Facharzt, Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover

Martin Feißt, M.A.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Soziologie der Universität Witten/Herdecke, Witten

Dr. med. Udo Frank
Chefarzt der Abteilung für Forensische Psychiatrie, Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg, Ravensburg-Weissenau

Dr. med. Dirk Hesse
Ärztlicher Direktor des Maßregelvollzugszentrums Niedersachsen (MRVZN), Moringen

Dipl. Psych. Tilmann Hollweg
Landesrat, Maßregelvollzugsdezernent, Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), Münster

Prof. Dr. jur. Jörg Kinzig
Direktor des Instituts für Kriminologie Lehrstuhl für Kriminologie, Straf- und Sanktionenrecht, Eberhard-Karls-Universität, Tübingen

Matthias Rosemann, M.A.
Geschäftsführer der Träger gGmbH, Vorsitzender der BAG Gemeindepsychiatrischer Verbünde e.V., Berlin

Prof. Dr. jur. Anja Schiemann
Strafprossesrecht und Kirminalpolitik an der Deutschen Hochschule der Polzei Münster; Lehrstuhl für Kriminologie, Straf- und Sanktionsrecht Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Münster, Tübingen

Dr. phil. Friedhelm Schmidt-Quernheim
Referent für Nachsorge beim Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug in Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

Dr. phil. Bettina Stangneth
Philosophin, Historikerin und Autorin, Berlin

Friedrich Walburg
Abteilungsleiter der Dienste für seelische Gesundheit, Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V. (eva), Stuttgart

Dr. phil., Dipl.-Psychologe und psych. Psy.therap. Michael Wunder
Leiter des Beratungszentrums der Evangelischen Stiftung Alsterdorf, Hamburg
(angefragt)

Hinweis

Gefördert aus Mitteln des Kirchlichen Entwicklungsdienstes durch Brot für die Welt-Evangelischer Entwicklungsdienst.

Weitere Infos

Tagungsnummer

521517

Anmeldeschluss

09.10.2017

Zielgruppen

Verantwortliche und Mitarbeitende aller Berufsgruppen in der Forensik bzw. im Maßregelvollzug; Juristinnen und Juristen als Richter und Anwälte; Sachverständige; Verantwortliche und Mitarbeitende in der Sozialpsychiatrie, in Führungsaufsicht und Bewährungshilfe; an Fragen von Rechtsethik, Rechtspolitik, Soziologie und Philosophie Interessierte

Veranstalter

Evangelische Akademie Bad Boll

Ort

Evangelische Akademie Bad Boll

Preis pro Person

Kursgebühr: 95,00 €
Vollverpflegung im EZ/DU,WC: 129,50 €
im Zweibettzimmer, DU/WC: 113,90
Verpflegung ohne Übernachtung ohne Frühstück: 67,10 €

Ermäßigung

Schülerinnen, Schüler und Studierende erhalten eine Ermäßigung von 50% auf die Kursgebühr sowie die Übernachtungs- und Verpflegungskosten.

Themengebiete

  • Gesellschaft, Staat, Recht
  • Soziales, Gesundheit, Demographie

Kooperationspartner

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