„Die Menschen, die gepflegt werden müssen, ihre Angehörigen und die Pflegekräfte sind eine Gruppe unserer Gesellschaft, der wir besondere Aufmerksamkeit schenken müssen", betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrem Video-Podcast im Vorfeld des am vergangenen Donnerstag (19.11.2020) stattgefundenen virtuellen Bürgerdialog.
Im Mittelpunkt des zweiten Austauschs in der Reihe „Die Bundeskanzlerin im Gespräch“ stand das Thema Pflege. Entsprechend trat die Bundeskanzlerin mit Pflegebedürftigen und Pflegenden über ihre Erfahrungen aus dem Pflegealltag in den Austausch.
Doch wie erleben Pflegebedürftige, pflegende Angehörige und Pflegekräfte die Pandemie? Wie hat sich die Pflegesituation verändert und was ist dabei besonders herausfordernd?
Bereits eine Woche zuvor – am 11. November – waren diese Fragen Thema eines Online-Podium, das die Evangelische Akademie Bad Boll zusammen mit dem Diakonischen Werk Württemberg organisiert hatte. Unter der Überschrift „Corona – Neustart für die Pflege?“ diskutierten die Bundestagsabgeordneten Heike Baehrens und Erich Irlstorfer, die Pflegeexpertin Erika Stempfle, der Vorstand der Samariterstiftung Dr. Eberhard Goll, der Vorstand der AOK Baden-Württemberg Johannes Bauerfein sowie die Pflegewissenschaftlerin Prof. Katarina Planer. Neben den aktuellen Lehren aus der Corona-Pandemie wurden bald die grundsätzlichen Probleme des Pflegebereichs deutlich:
25 Jahre nach Einführung der Pflegeversicherung machen vor allem die Kosten zu schaffen. Selbst zu tragende Zuzahlungsraten von 3000 Euro im Monat sind in einer Region wie Stuttgart keine Seltenheit. Wer kann sich solch teure Pflege auf Dauer leisten? Immer häufiger tritt die Sozialhilfe für die Mehrkosten ein. Eine Deckelung der Eigenanteile an pflegebedingten Kosten ist also dringend nötig. Verschiedene Verbände, Initiativen und Interessengruppen fordern schon länger die bestehende Versicherung des Teilleistungsprinzips auf eine „echte Kasko-Versicherung“ umzustellen. Unlängst ist auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit dem Vorschlag an die Presse gegangen, den Eigenanteil für stationäre Pflege im Zuge einer Pflegereform zu begrenzen. Trotz konzertierter Aktion Pflege, zu der sich drei Bundesministerien zusammengeschlossen haben, fehlen zudem nach wie vor Pflegekräfte. Derzeit sind 40.000 Stellen unbesetzt. Wenig Personal, geringe Vergütung, keinen einheitlichen Tarifvertrag, hohe Krankenstände, hohe Fluktuation, kaum gesellschaftliche Akzeptanz. Die Probleme scheinen sich im Kreis zu drehen. Das bestätigen auch die kritischen Nachfragen aus dem Kreis der Zuschauer_innen des Online-Podiums vom 11. November.
Es bleibt abzuwarten, welche politischen Weichenstellungen es bald in diesem äußerst wichtigen Bereich geben wird.
Begrüßung und Einführung in das Online-Podium Dr. Dietmar Merz, Evangelische Akademie Bad Boll. Moderation: Stefan Siller. Abschluss: Themen zur Weiterarbeit Kirchenrätin Eva-Maria Armbruster, Vorständin für Sozialpolitik des Diakonischen Werks Württemberg.