Wichtige Rolle der Religionen bei der Agenda 2030.

Tagung befasst sich mit der Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDG)

Dr. Wolfram Stierle, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, hielt den Einführungsvortrag bei der international besetzten Tagung. Foto: c Mauricio Salazar

Bad Boll. Religionen sind wichtige Motoren bei der Umsetzung der Agenda 2030. Allerdings sind sie mehr als nur Erfüllungsgehilfen der Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen. Religionen sind auch wichtige Mahner und Mittler bei Klimaschutz, Gerechtigkeit und Wachstumsgrenzen. Eine Tagung in der Evangelischen Akademie in Bad Boll ist am vergangenen Wochenende der Frage nachgegangen, wie einzelne Religionen die SDGs beurteilen. Teilnehmer aus ganz Deutschland haben zusammen mit überwiegend internationalen Mitarbeitern von KASA, ZEB, CLEAN Africa, EPiZ Reutlingen und Oikokredit, Wege der konkreten Umsetzung der Agenda 2030 Entwicklungsziele diskutiert.

„Religionen stehen für eine Spiritualität des Lebens. Sie erweitern den bisher stark auf die Bedürfnisse der Menschen und auf das Wirtschaftswachstum fokussierten Blick der Agenda 2030“, sagte Dr. Wolfram Stierle vom Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit. Insgesamt mahnten Religionen „mehr Transformationsehrlichkeit an, wo die reichen Länder noch weit entfernt seien von einer ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltigen Entwicklung.“

Haladhara Thaler von der Hindu-Gemeinde Berlin zeigte auf, welch hohen Stellenwert der Naturschutz im Hinduismus hat. „Das Erbe des Hinduismus ist eine enorme Wertschätzung der Natur in all ihren Aspekten, den Beziehungen der Pflanzen, Tiere und Menschen untereinander“, sagte Thaler. Die Lehren der vedischen Kultur eröffneten und erklärten Zusammenhänge, die zum achtsamen und ehrenden Umgang mit den jeweils gegebenen (Umwelt-) Bedingungen anregten. „Alles ist mit dem Schöpfer verbunden. Und alles steht in Beziehung zueinander. Die gesamte Welt ist eine Familie.“ Diese Erkenntnis fordere auf, die Dinge in Verbindung mit dem Ganzen zu betrachten, zu dem sie gehörten und die Ursachen für Probleme nicht bei den Teilen, sondern im Zustand des Systems zu sehen, sagte Thaler.

Manfred Folkers vom Rat der deutschen buddhistischen Union ging der Frage nach: „Wie geht genug?“. Aus Sicht des Buddhismus gehe es bei den Themen „Nachhaltigkeit“ und „Agenda 2030“ weniger um die Fragen nach dem „Was“ und dem „Wieviel“. Vielmehr stehe das „Wie“ und vor allem das „Warum“ im Mittelpunkt der Betrachtung. „Bei der Suche nach den Ursachen von individuellem Leid gehören weniger die Taten als vielmehr die Tat-Absichten in den Fokus“, sagte Folkers. Die globale Erwärmung dürfte zum Beispiel nicht nur auf chemische Gesetze und die benutzten Maschinen zurückgeführt werden. „Es muss in Verbindung gebracht werden mit den Menschen und deren Einstellungen, die diese Prozesse in Gang setzen.“ Gier und Hass hätten sich zu Gesetzmäßigkeiten aufgeschwungen, sagte Folkers und bezeichnete die gegenwärtig vorherrschende Ökonomie als „Gier-Wirtschaft“, „die mit ihren Peitschen „Gewinnstreben“ und „Wettbewerbskampf“ mit Hochdruck dafür sorgt, dass die Erde geplündert wird und die Zukunftsfähigkeit der menschlichen Gesellschaft in Frage gestellt ist.“

Athena Peralta, die von den Philippinen stammt und beim Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) das Programm „Ökonomie für das Leben“ leitet, verwies darauf, dass Ungleichheit ein treibender Faktor für die Armut sei. „Wenn wir als Christen von der Armut vieler Menschen alarmiert sind, müssen wir vor allem die Ungleichheit anschauen.“ Es sei alarmierend, wie die finanzielle Elite sich mehr und mehr in die Politik einmische und Gesetze und Institutionen bestimme. Peralta zeigte die Widersprüchlichkeit der Nachhaltigkeitsziele auf, wie zum Beispiel beim SDG 8 zum wirtschaftlichen Wachstum. „Natürlich müssen arme Länder das Recht haben, sich zu entwickeln. Ziel 8 untergräbt aber die ökologischen Ziele. Wir sind schon jetzt zu viel gewachsen“, sagte Peralta. „Wenn wir so ein Entwicklungsmodell promoten, können wir den Planeten nicht mehr retten.“
 
Werner Gebert vom Freundeskreis des Plädoyers für eine ökumenische Zukunft, der die Tagung mit Studienleiter Mauricio Salazar und Prof. Gerd Rüppell vorbereitet hatte, unterschied in seiner Wachstumskritik zwischen den lebensfeindlichen Bereichen, die um des Gemeinwohls will nicht weiterwachsen sollten, und den Bereichen, in denen ein Wachstum durchaus zu begrüßen sie wie z.B. die Zahl und die Bezahlung der Pflegekräfte, die Zahl der ökologisch arbeitenden Bauernhöfe, der Mindestlohn, die Absicherung im Alter, die Gerechtigkeit im Welthandel oder die schnelle Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele. „Niemand soll uns vorwerfen, wir seien Wachstumsgegner. Im Gegenteil. Wir wollen leben nach dem Motto:  Alles soll wachsen, was das Leben schön, lebenswert und nachhaltig macht. Nicht wachsen darf die Ungerechtigkeit“, sagte Gebert.

Die Teilnehmer und Referenten erarbeiteten zum Schluss eine „Roadmap“ von Maßnahmen und Projekten, die sich zum Teil bereits im Realisierungssprozess befinden. Das Motto „auf dem Weg“ dieser Roadmap, wird seine Aufnahme bei der für den Kirchentag geplanten Sitzung des Ökumenischen Ratschlags (Stiftung Ökumene) finden, der ebenfalls an der Frage der Umsetzung der Globalen Nachhaltigkeits- und Entwicklungsziele (Agenda 2030) arbeiten wird.

Mit freundlichen Grüßen
Martina Waiblinger
 
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