Völlerei und „Kargheit“ beim Akademiefest

Auch die diesjährige Michaelisakademie umkreiste die Todsünden und versammelte Freunde und Kooperationspartner des Hauses

Farbenprächtig und ausdrucksstark präsentierte sich das Tübinger Tanztheater Treibhaus.

Bad Boll / Die Schauspieler des Tübinger Tanztheaters „Treibhaus“ trieben es mit der Völlerei tanzend bis zur völligen Erschöpfung und Vereinsamung. Das passiert durch die Sucht nach immer mehr, war die Botschaft. In der halbstündigen fantastischen Darbietung stellten sie auch die Trägheit und den Zorn dar. „Gula“, die Völlerei bzw. die Maßlosigkeit war das Thema der diesjährigen Michaelisakademie. Das Fest für Kooperationspartner und Freunde des Hauses hat in den letzten Jahren bereits drei der sieben Todsünden künstlerisch angegangen. Dieses Mal kam ein Laster auf die Bühne, das man mit den Boni der Banker oder mit der 5-Euro-Erhöhung für Hartz-IV-Bezieher in Verbindung bringen, oder einfach auf sich selbst und die täglichen Anfechtungen beziehen konnte.

Umrahmt von den wundervollen Klängen der Saxophonistin Anne Siebrasse (Preisträgerin bei „Jugend musiziert“), moderierte Esther Kuhn-Luz eine Talkrunde mit dem Chocolatier Horst Klaiber aus Bad-Cannstatt, Beatrice Gerst, Geschäftsleitung von Trott-war und Anna von Münchhausen, Textchefin der ZEIT. „Die ‚all-inclusive-Angebote’ sind eine Katastrophe und ein Zeichen der Dekadenz unserer Gesellschaft“, sagte der Chocolatier, dem wichtig ist, dass man gute Produkte achtet und der nichts gegen einen sinnlichen Tafelschmaus hat. Die Zeit-Textchefin erinnerte sich an den weihnachtlichen Stollen mit Butter, den ihr Vater als Völlerei bezeichnete. Sie machte den Zusammenhang zwischen Völlerei und Beziehungslosigkeit deutlich: „Das hat dann nichts mehr mit Genuss und Gemeinschaft zu tun.“ Beatrice Gerst hat bei manchen Armen die Erfahrung gemacht, dass die Tatsache, keinen Sinn mehr zu sehen, zu einer inneren Leere führt und zu einem Gefühl, dass es nie ausreicht.

Die Botschaft aus Talkrunde und Tanz war im Sinne von Hildegard von Bingen, dass es individuell und gesellschaftlich wichtig ist, an einem gutem Maß festzuhalten. Anna von Münchhausen sprach manchen aus der Seele, als sie sagte: „Lust und Völlerei sind jeden Tag eine Herausforderung, 24 Stunden lang.“ Und Horst Klaiber beruhigte diejenigen, die schon zuviel Lust hemmendes Moralin gespürt hatten mit dem Ausspruch: „Ein bisschen Völlerei kann hin und wieder nicht schaden – wenn’s was Gescheites ist.“

Direktor Joachim Beck lud danach zu einem „kargen“ Süppchen ein, das mit Zitronenbutter kredenzt und von einem fulminanten Dessertbuffet gefolgt, den Abend passend ausklingen ließ. Die Michaelisakademie gibt es inzwischen seit 13 Jahren. Mit dieser Festveranstaltung erinnert die Evangelische Akademie Bad Boll an ihren Gründungstag, den Michaelistag im ersten Nachkriegsherbst. In einem ersten Zyklus umkreiste sie das Thema Verantwortung. Hauptredner waren u. a. die ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel und Lothar Späth, der Ökumeniker Hans Küng, der Steuerrechtler Paul Kirchhof und ZDF-Intendant Markus Schächter.

Seit 2007 geht es bei der Michaelisakademie um die so genannten Todsünden und die Frage, was die Sündenbegrifflichkeit in aktuellen Kontexten an Anstößigem offenbart.
 
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