Die südafrikanische Regierungspartei Afrikanischer Nationalkongress (ANC) hat am Dienstag Jacob Zuma zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt. Der ebenso populäre wie umstrittene Politiker hat damit gute Chancen, in zwei Jahren Thabo Mbeki im Präsidentenamt abzulösen. Aber auch in Bad Boll hatte Jacob Zuma schon sein Publikum. Zweimal war er im Laufe seiner politischen Karriere in der Evangelischen Akademie zu Gast.
Bereits im Dezember 1991 nahm Zuma als stellvertretender ANC-Generalsekretär an einer Akademie-Konferenz über Perspektiven für eine Postapartheid-Gesellschaft in Südafrika teil. Aufsehen hatte der Besuch bewirkt, weil Zuma zusammen mit dem Vorsitzenden der Inkatha Freedom Party, Frank Mdlalose nach Bad Boll gekommen war. ANC und Inkatha hatten damals gerade erst ein Friedensabkommen geschlossen und damit die Voraussetzungen für ein Ende der bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern der beiden Organisationen geschaffen.
Zuma sagte damals in Bad Boll, es reiche nicht »den Frieden in schönen Reden zu beschwören«. Um der »Kultur der Gewalt« ein Ende zu bereiten müsse mit der Lösung der sozialen Probleme begonnen werden. Dafür erbat er sich in der Akademie auch die Unterstützung der deutschen Wirtschaft.
Auch bei seinem zweiten Bad Boll Besuch im Oktober 1994 reiste Zuma in Begleitung eines Inkatha-Politikers. Inzwischen war das Apartheid-Regime überwunden und Zuma Wirtschaftsminister in der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal geworden. Zusammen mit seinem Ministerkollegen Johnny Mhlungu appellierte er abermals an Wirtschaft und Politik in Deutschland, den Wiederaufbau-Prozess in Südafrika durch Investitionen, Schaffung von Arbeitsplätzen und Hilfen bei Qualifizierungsmaßnahmen zu unterstützen. »Die Apartheid hat uns ein schweres Erbe hinterlassen,« sagte Zuma damals auf einer Pressekonferenz in Bad Boll. »Nur die Beseitigung von Arbeitslosigkeit und Armut gibt uns eine Chance, die Gewalt zu stoppen, und dafür brauchen wir Unterstützung.«
Der damalige baden-württembergische Innenminister Frieder Birzele reagierte auf der Akademie-Veranstaltung reserviert auf die Invesitionserwartungen aus Südafrika. Das Land stecke in der tiefsten Rezession seit dem Ende des zweiten Weltkriegs. Lediglich die Handelsentwicklung mit Südafrika wollte Birzele mit zurückhaltender Zuversicht bewerten.
Dass Zuma sich für Armutsbekämpfung und Sozialpolitik stark macht, hat ihm in den letzten Jahren viele Sympathien in südafrikanischen Bevölkerung und besonders bei den einflussreichen Gewerkschaften gebracht. Mutmaßliche Verwicklungen in einen Korruptionsfall, ein Vergewaltigungsprozess und absonderliche Vorstellungen zum Thema AIDS haben seiner Popularität dabei offenbar keinen Abbruch getan. Verunsicherung ist dagegen bei ausländischen Investoren entstanden, die eine Abkehr von der liberalen Wirtschaftspolitik des amtierenden Staatschefs Mbeki befürchten. Für die Annahme, dass sich Zuma der Kooperation mit ausländischen Unternehmen verschließen würde, haben aber zumindest seine Besuche in Bad Boll keinen Anlass gegeben.