Neue Mobilität: Landesregierung will Vorbild und Vorreiter sein

Minister Hermann wirbt auf Kongress für bezahlbare, soziale, wirtschaftlich effiziente und klimaverträgliche Mobilität

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Stuttgart. Welche Visionen für eine zukunftsfähige Welt von morgen können uns als Leitbild dienen? Verkehrsminister Winfried Hermann, Landesbischof Dr. Frank Otfried July, Domkapitular Dr. Heinz Detlef Stäps, Bezirksleiter IG Metall Baden-Württemberg Roman Zitzelsberger und Prof. Dr. Martin Müller von der Universität Ulm haben heute im Hospitalhof vor über 110 Teilnehmenden auf dem Kongress Reformation – Transformation – Vision“ Anstöße für eine Gesellschaft des guten Lebens gegeben. Die Veranstaltung des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA), Stuttgart, fand im Hospitalhof in Kooperation mit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, dem Hospitalhof Stuttgart, dem Zentrum für Entwicklungsbezogene Bildung (ZEB) und dem Umweltbeauftragten der Evangelischen Landeskirche in Württemberg statt.

Verkehrsminister Winfried Hermann erklärte: „Die ‚Große Transformation‘ ist die weltweite Veränderung von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit.“ Für den Verkehr in Baden-Württemberg heiße das, eine neue Mobilität zu gestalten, die umwelt- und klimaverträglich, sozial, bezahlbar und wirtschaftlich effizient ist und Lebensqualität sichert. Hermann: „Wir wollen die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen mit möglichst wenig Luftverschmutzung, Lärm, Flächenfraß, Stau und Verkehrsunfällen befriedigen. Im Bereich der Mobilität haben wir unseren Weg mit unseren fünf V konkretisiert: Wir möchten die Verkehrsinfrastruktur verbessern. Wir wollen Verkehr auf ökologisch sinnvolle Verkehrsträger verlagern. Wir möchten Verkehrsströme intelligent vernetzen. Wir wollen überflüssigen motorisierten Verkehr vermeiden. Und wir möchten selber Vorbild und Vorreiter sein und dadurch für eine neue Mobilität werben.“

In seinem Beitrag über die „Mobilitätsgesellschaft im Wandel“ erklärte der baden-württembergische IG Metall-Bezirksleiter IG Metall Roman Zitzelsberger: „Weil sich Mobilität stark verändert, wird Sicherheit für die Beschäftigten immer wichtiger.“ Die Mobilitätswende werde gelingen, wenn beste Umweltstandards und sichere Arbeitsplätze zusammen gedacht werden. „Aber aufgepasst, eine Vogel-Strauß-Politik und ein pauschales Diesel-Bashing bringen nichts“, betonte Zitzelsberger: „Vielmehr braucht es eine Neuausrichtung der industriellen Basis im Südwesten.“ Weil sich Wertschöpfung verstärkt auf den elektrischen Antrieb konzentrieren wird, ist die Ansiedlung einer Batterie- und Zellfertigung grundlegend für eine starke Industrie. „Auch können anspruchsvolle Abgasnormen eine Chance für sichere Arbeitsplätze in der Zukunft sein“,sagte Zitzelsberger.

Was muss geschehen, um die Klimaziele der Vereinten Nationen zu erreichen, fragte Prof. Dr. Martin Müller. Die drohende Klimakatastrophe stelle uns vor extreme Herausforderungen. „Diese scheinen aber systematisch verdrängt zu werden (wie sich auch an der Bundestagswahl gezeigt hat, wo das Thema im Wahlkampf so gut wie keine Rolle gespielt hat) oder auf rein technische Lösungen reduziert zu werden.“ Am Beispiel der E-Mobilität würden die Probleme von rein technischen Lösungen aufgezeigt und es werde deutlich, dass es eben keine nachhaltigen Produkte, sondern nur nachhaltige Lebensstile gebe. „Verhalten zu ändern geht aber nur mit Zwang (was oft mit Reaktanz einhergeht) oder mit positiv besetzten Visionen und Zukunftsbildern“, sagte Müller: „Diese müssen in einem breit angelegten partizipativem Prozess entstehen, sind dann positiv besetzt und können dann eher umgesetzt werden (auch mit Hilfe von Regulierung).“

In seinem Impulsvortrag „Reformation – Transformation – Vision“ ging Landesbischof Dr. H. c. Frank Otfried July auch auf Nachhaltigkeit und die sozial-ökologische Transformation in der Arbeit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg ein. Grundlage bilde das Bekenntnis zum dreieinigen Gott, das die „Wahrnehmung der Schöpfungsverantwortung“ zur Aufgabe der Kirchenleitung macht. 2002 habe sich die Landeskirche mit Bejahung der „Schöpfungsleitlinien: Kirchen für nachhaltige Entwicklung“ der Haltung der ACK-Kirchen angeschlossen. 2002 sei die Einrichtung, 2005 das Verfahren eines Umweltmanagementsystems beschlossen worden: Seit 2007 werde verstärkt auch die Reduktion der Emission von Treibhausgasen in den Blick genommen. 2010 seien Leitlinien für nachhaltiges Handeln in der Landeskirche gebündelt worden: Schöpfungstheologisch werde das „gelebte Gastsein“ als Leitmotiv erachtet. Dabei werde auch die Notwendigkeit ökumenischer Kooperation festgehalten.

Die Vielzahl kirchlicher Initiativen und Projekten zur sozial-ökologischen Transformation geschehe in enger Verbundenheit mit NGOs, der UN und weiteren politischen Playern. „Diese Kooperation ist sinnvoll“, sagte July: „Bei den gesamtgesellschaftlichen Verständigungen über zukunftsfähige Ziele in unserer Gesellschaft, etwa einer ressourcenschonenden Mobilität, wollen die Kirchen aber nicht einfach als Lobbyisten einer sozialen Agenda wahrgenommen werden, sondern mit einem eigenen Beitrag über die Deutung von Zukunft überhaupt.“

Domkapitular Msgr. Dr. Heinz Detlef Stäps ging in seinem Vortrag auf die zweite Enzyklika von Papst Franziskus (24.05.2015) ein: „Ja, Laudato si‘ ist eine reformatorische Schrift. Sie geht sogar noch weiter als die reformatorischen Schriften des 16. Jahrhunderts, denn sie will nicht nur die Christenheit reformieren, sie hat nicht nur die Kirchen im Blick (aber auch diese!), sondern sie wendet sich an alle Menschen und möchte einen globalen Veränderungsprozess des Denkens und des Handelns anstoßen“, sagte Stäps.

Der Papst gehe vom Konzept des „gemeinsamen Hauses“ aus, also vom Lebensraum aller Menschen und Tiere. Der Begriff Haus = oikos verweise auf den Zusammenhang von Ökologie und Ökonomie. Es gehe ihm nicht um ein Umweltschutzkonzept, sondern eher um ein Umweltnutzkonzept im Sinne von bewohnen und bebauen. Doch sehe er für diese Nutzung klare Grenzen. Stäps: „Der Papst verfolgt ein Doppelziel:  ‚die Schonung der Natur‘ und ‚die Verteidigung der Armen‘. Es handelt sich deshalb nicht einfach um eine Umweltenzyklika, sondern eher um eine ökologische Sozialenzyklika.

„Der Papst stellt ein neues Paradigma auf:“, sagte Stäps: „die universale Geschwisterlichkeit unter den Menschen und mit der ökologischen Mitwelt.“ Er spreche von „sublimer Geschwisterlichkeit mit der gesamten Schöpfung“. Stäps betonte: „Epochemachend ist, dass der Papst die Naturressourcen und das Klima als Gemeineigentum deklariert.“ Die Nutzung bestimmter Ressourcen wie Wasser bezeichne er als Menschenrecht.

Dialog sei der Leitbegriff der Enzyklika. Als Partner dieses Dialogs nenne er die Wissenschaft, aber auch die ökumenischen Partner und die interreligiösen Partner. Der Domkapitular erklärte: „Der Papst möchte den Fortschritt neu definieren in Richtung einer ganzheitlichen Verbesserung der Lebensqualität, er fordert eine ökologische Umkehr, einen neuen, einfachen Lebensstil.“

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