Mit ökumenischem Lernen neu ­beginnen

Enttäuschung über Sibiu-Ergebnisse beim Treffen der europäischen Akademievereinigung »Oikosnet Europa«

<p><em>Akademie-Ökumene: Ioannis Sakellariou (Griechenland), Margunn Sandal (Präsidentin von «Oikosnet Europa«, Norwegen), Joachim L. Beck (Direktor der Evangelischen Akademie Bad Boll)</em>

Bad Boll / Kreis Göppingen - Eine Auswertung der Ökumenischen Versammlung in Sibiu und die Frage, wie die Religionen zur europäischen Demokratiekultur beitragen können, beschäftigte die Leiter kirchlicher Akademien und Laieninstitute aus 14 europäischen Ländern am Wochenende in der Evangelischen Akademie Bad Boll. Mit ihrem Treffen feierten sie zugleich den fünfzigsten Geburtstag ihrer Vereinigung, die bei dieser Gelegenheit in »Oikosnet Europa - Ökumenische Vereinigung der Akademien und Laienzentren« umbenannt wurde.

Fritz-Erich Anhelm, Vorstandsmitglied der Vereinigung, zeigte sich enttäuscht über die Ergebnisse des ökumenischen Gipfeltreffens im rumänischen Sibiu: »Es sind krasse ökumenische Unterschiede zu Tage getreten«, sagte Anhelm. Sibiu sei ein »repräsentativer Event« gewesen, Diskussion und Austausch habe es nur auf Druck des Konferenzplenums gegeben. Bedrückend habe er vor allem »die klerikale Attitüde und den konfessionalistischen Habitus« auf der Konferenz empfunden.

Nach Ansicht Anhelms haben sich nach Sibiu nun auch die Prioritäten in der Arbeit der kirchlichen Akademien verschoben. »Wir müssen den interreligösen Dialog fortführen, noch wichtiger ist jetzt aber, eine neue Runde ökumenischen Lernens in Europa zu beginnen«. Anhelm schlug vor, dass die Akademien ihre Verbindungen nutzen, um gemischtkonfessionelle Gruppen junger Kirchenfunktionäre einzuladen. Mit ihnen solle dann über ihre jeweiligen Traditionen und Grundwerte, vor allem aber über den »Eisberg« gesprochen werden, der unter der Oberfläche der kirchenoffiziellen Kommunikation verborgen liege.

Positiver bewertete Anhelm die Möglichkeiten der Kirchen, sich auf europäischer Ebene an politischen Prozessen zu beteiligen. Die Anwesenheit von Kommissionspräsident Barroso und Jan Figl, EU-Kommissar für Bildung und Kultur, in Sibiu wertete er als Signal, »dass der Laizismus in der EU der Vergangenheit angehört«. Dem entspreche eine deutliche Orientierung der »westlichen Kirchen« auf die EU. Allerdings könne diese Bewegung nicht von allen orthodoxen Kirchen mit vollzogen werden.

Oikosnet-Generalsekretär Wolfgang Lenz wies bei dem Treffen in Bad Boll darauf hin, dass sich die Beziehungen unter den Akademien »in deutlichem Unterschied« zur Abkühlung des Klimas in der Ökumene entwickelt hätten. So sei in den letzten Jahren sogar die Zahl der orthodoxen Mitglieder in der Akademie-Vereinigung gestiegen.

Ermutigende Worte hörten die europäischen Akademieleiter auch bei einem Empfang, zu dem sie die baden-württembergische Landesregierung eingeladen hatte. »Akademien leisten nicht nur gesellschaftliche Arbeit enormer Bedeutung, sondern sie sind auch Ratgeber und Orte des Dialogs«, sagte Ministerialdirektor Julian Würtenberger vom Wissenschaftsministerium. Dass die Arbeit der Akademien und Laienzentren zunehmend europäisch und ökumenisch ausgerichtet werde, mache sie zu »Inseln des Lernens, ja des Friedens«, sagte Würtenberger.

Auch der württembergische Landesbischof Frank Otfried July bekräftigte gegenüber den Delegierten des Oikosnet-Treffens, wie wichtig die Arbeit der Akademien für die Kirche sei. Mit den Akademien werde eine »Brücke geschlagen zu den gesellschaftlichen Gruppierungen«, sagte July. »Hier werden berufliche und gesellschaftspolitische Themen beleuchtet, durchbuchstabiert und im Resonanzraum des Glaubens zum Klingen gebracht.«

Stichwort: Oikosnet Europa

Gut 200.000 Gäste kommen jährlich in die 80 Tagungsstätten und Akademien, die im »Oikosnet Europe« zusammen geschlossen sind. Insgesamt 17 Länder sind in dieser »Ökumenischen Vereinigung der evangelischen, katholischen und orthodoxen Akademien und Laienzentren in Europa« vertreten, die nun auf eine 50jährige Geschichte zurückblicken kann. Die Gründung von Oikosnet – damals noch unter dem Namen »Europäischer Leiterkreis« vollzog sich in Sigtuna (Schweden) und in Bad Boll (wo der Zusammenschluss ins Vereinsregister eingetragen wurde). Der Schwede Olov Hartmann, Mitglied im Leitungskomitee, sagte bei der Gründung mit dem Leiterkreis solle »ein Starkstromenetz über ganz Europa gelegt werden, aus dem an jeder Stelle Impulse entnommen werden können.«

Hinsichtlich Art und Größe der Mitgliedseinrichtungen gibt es erhebliche Unterschiede: Manche sind ehrenamtliche »Ein-Mann-Betriebe«, andere gleichen Ferienzentren, staatlich gestützten Heim-Volkshochschulen oder auch stattlichen Kongress-Zentren.

Wie im Ökumenischen Rat der Kirchen sind auch in Oikosnet etliche orthodoxe Akademien u.a. aus Griechenland, Weißrussland, der Tschechischen Repulik, Finnland und Russland vertreten. In Brüssel unterhält die Vereinigung eine Geschäftsstelle, die Kontakte unter den Einrichtungen koordiniert, aber auch in Rat, Kommission und Parlament Lobby-Arbeit betreibt und Förderprogramme recherchiert.

Nach der Zusammenbruch der kommunistischen Regierungen hat sich das Netzwerk um etliche Einrichtungen aus Osteuropa erweitert. Insbesondere für die Neumitglieder ist der Erfahrungsaustausch eine wichtige Angelegenheit. Ihnen stellt sich drängend die Frage, wie ihre Kirchen angesichts faktischer Marginalisierung – und teilweise Verfolgung – zu Akteuren der Zivilgesellschaft werden können.

Internet: http://www.eaalce.org

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