Mahner und Ermutiger

Albrecht Goes zu Ehren: Festakt zum 100. Geburtstag des schwäbischen Nachkriegsautors, Pfarrers und Freundes der Akademie

<p><em>Albrecht Goes beim Festakt zu seinem 90. Geburtstag in der Evangelischen Akademie Bad Boll</em></p><p>&nbsp;</p><p><h1>Zusatzinfos</h1>Abdruck honorarfrei. Bei Veröffentlichung Belegexemplar, bzw. Hinweis auf den Sendetermin erbeten!<br /><br />Dieser Text hat 2788 Anschläge (ohne Überschriften und Absätze); das entspricht etwa 69 Zeilen zu je 40 Anschlägen.</p>

Bad Boll / Kreis Göppingen - Im Gästebuch der Akademie ist unter dem Datum 22. November 1947 ein Gedicht zu lesen. Albrecht Goes, Schriftsteller und protestantischer Theologe, hat es eingetragen. Noch mehrfach war Goes in Bad Boll zu Gast. Im März wäre er 100 Jahre alt geworden. Die Akademie widmet ihm aus diesem Anlass einen Festakt.

»Zuversicht« ist das Goes-Gedicht von 1947 überschrieben – ein Gefühl, das deutlich zur Stimmung in diesen ersten Nachkriegsjahren kontrastiert. Goes zog seine Zuversicht aus der Gewissheit des Glaubens, ohne dabei das Grauen der jüngsten Vergangenheit zu verdrängen. Als Mahner und Ermutiger war er damals bei einem sogenannten »Gespräch am Wochenende« zu Gast. Das Thema lautete »Menschenrecht und Menschenwürde«, eingeladen hatte die Akademie Journalisten, den Landesbischof Theophil Wurm und auch den späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss.

Albrecht Goes wurde 1908 in Langenbeutingen geboren und ist am 23. Februar 2000 in Stuttgart verstorben. Während des Zweiten Weltkriegs war er als Geistlicher im Lazarett und im Gefängnis tätig. Danach arbeitete er auf verschiedenen Pfarrstellen in Baden-Württemberg. 1953 quittierte er den Pfarrdienst und wirkte von da an als freier Schriftsteller.

Noch mehr Belege für Goes-Besuche in Bad Boll finden sich im Akademie-Archiv. 1978 sprach er als Referent zum Tagungsthema »Synagogenbrand – Staatsgründung Israel – Was geht das uns an?«. Er las damals aus seinem Buch »Das Brandopfer«. Die Erzählung thematisiert die Judenverfolgung während des Dritten Reiches am Beispiel einer schlichten Metzgersfrau. Das Werk gilt bis heute als wichtiger Beitrag zu Dialog und Versöhnung zwischen Juden und Christen. Goes wurde für dieses Engagement mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet.

Allerdings blieb Goes kein rückwärtsgewandter Schriftsteller, sondern mischte sich ein, engagierte sich gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik, gegen die Atombewaffnung der Bundeswehr und ebenso gegen die Notstandsgesetze.

Mit einem Festakt feierte die Akademie den 90. Geburtstag des Schriftstellers. Albrecht Goes beharre auf der Kohärenz von Sorge um das Wort und Sorge um die Seele, sagte der damalige Akademiedirektor Jo Krummacher in seiner Laudatio. »Angesichts des postmodernen Lebensgefühls, das sich im Patchwork der Vieldeutigkeit niederlässt«, so Krummacher weiter, »erinnert Goes an die Wahrnehmungsfähigkeit und Ansprechbarkeit des Menschen.«

Auch zu Goes' 100. Geburtstag will die Akademie die Erinnerung an sein Eintreten für die Werte christlicher Humanität wach halten und lädt am 2. März erneut zu einer Festveranstaltung ein. Neben Lesungen von Goes-Texten, Film und Ton-Dokumenten gibt es Vorträge, u. a. von dem Kulturwissenschaftler Dr. Hans-Rüdiger Schwab. Sein Thema: »Albrecht Goes lesen. Heute!« (spt)

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Detailprogramm

Ausschnitt aus dem Gedicht "Die Zuversicht", mit dem sich Albrecht Goes am 22. November 1947 ins Gästebuch der Evangelischen Akademie Bad Boll eingetragen hat.

DIE ZUVERSICHT

Freilich, das Feld ist zerstampft. Des grimmigen Hagels Gekörne

Schlug vor der Ernte den Halm, gab der Verwesung die Frucht.

Gift auch legte der Feind, der Feind im eigenen Lande.

Fiebernd taumelt ein Schwarm wilder Insekten im Sumpf.

Aber am östlichen Hang, wo eh das Feuer gewütet,

Prangt wie vor Jahren und neu weißen Holunders Geleucht.

Blieb ein einziger Keim. Doch bei dem einzigen Keime

Erd und nährendes Salz, Himmels erquickende Flut

Zuversicht heischend. Und also, mit nicht geringerem Worte,

Ruft über Stunde und Tag dich der lebendige Geist.

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