Bad Boll. Mit Sorge nehmen die Leitung der Evangelischen Akademie und Studienleiter Mauricio Salazar die Vorwürfe des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung Dr. Felix Klein zur Kenntnis, dass die Tagung, die heute Abend beginnt, der israelfeindlichen und antisemitischen BDS-Bewegung ein Forum bieten soll. Thema der Tagung ist nicht die BDS-Bewegung, sondern der in Deutschland immer kleiner werdende Freiraum für zivilgesellschaftliche Akteure zu Fragen des Nahost-Konflikts.
Es soll über die Unfähigkeit des konstruktiven Dialogs zu diesem Thema gesprochen werden, der seit einigen Jahren durch Kampagnen von unterschiedlichen Seiten verhindert wird. Es werden immer wieder Vorträge und Tagungen abgesagt, bei denen kritische Stimmen gegen Menschenrechtsverletzungen in Nahost zu erwarten sind. Grund ist, dass einer Reihe von Personen, die zum Teil auch hier in Bad Boll referieren, der Vorwurf des Antisemitismus gemacht wird.
Für diese Tagung wurden unter anderem Nirit Sommerfeld, Judith und Dr. Reiner Bernstein, Prof. Dr. Rolf Verleger und Abraham Melzer eingeladen – überwiegend Menschen jüdischen Glaubens, die sich für die Einhaltung internationalen Rechts und Menschenrechte einsetzen. Auf alle trifft zu, dass ihnen Antisemitismus vorgeworfen wird und sie mehr und mehr durch Kampagnen in Deutschland von Veranstaltungen ausgeschlossen werden.
In den Plenen und Workshops der Tagung wird ein breites Themenspektrum behandelt. So spricht Judith Bernstein zur Frage „Wann ist Kritik an Israel antisemitisch?“ und Andrea Kalmbach führt mit anderen Ehrenamtlichen einen Workshop durch zum Thema „Hoffnung, die stärker ist als Furcht – 35 Jahre Partnerschaftsarbeit mit Palästina“, in dem es um YMCA-Projekte und Mut machende Begegnungen geht. Um das „Spannungsverhältnis Israelkritik – Antisemitismus“ geht es dann in dem Beitrag von Dr. Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter der Baden-Württembergischen Landesregierung und Mitglied eines Beirates der Akademie, der die BDS-Kampagne ablehnt. Zu der Nakba-Ausstellung, in die Ingrid Rumpf von ‚Flüchtlingskinder im Libanon‘ einführt, wird sich Dr. Michael Volkmann, Beauftragter der Landeskirche für den christlich-jüdischen Dialog, kritisch äußern.
Akademiedirektor Prof. Dr. Jörg Hübner, der sich ebenso wie die Evangelische Landeskirche in Württemberg von BDS distanziert, führt aus: „Dies ist eben der Auftrag einer Evangelischen Akademie: Sie will den Diskurs, die Begegnung, das Miteinander in aller Unterschiedlichkeit befördern. Unsere Demokratie lebt von solchen Dialogen und nicht von einseitigen „Filterblasen“ derer, die untereinander die gleichen Ansichten vertreten und sich darin gegenseitig nur noch bestätigen. Mutig einen solchen Dialog zu fördern, mit Wagnis Themen ansprechen, die Streit hervorrufen – das ist unsere Aufgabe als Akademie.“
Zur Gestaltung eines ausgewogenen Programms wurden Vertreter der Städte München, Frankfurt und Berlin eingeladen, ferner Abgeordnete des Bundestags sowie des EU-Parlaments und Wissenschaftler. Dem Vorwurf, dass kein Vertreter der Deutsch-Israelischen Gesellschaft eingeladen wurde, kann entgegnet werden: Im Vorfeld der Tagung wurde die DIG mit anderen zu einem Vorgespräch zu dem Thema der Tagung eingeladen. Die DIG hat diese Einladung ausgeschlagen mit dem Hinweis, dass sie keinen Redebedarf sehen würden. Dadurch entstand das ungerechtfertigte Bild einer einseitig besetzten Tagung, was der Akademiedirektor ebenso wie die Landeskirche sehr bedauern.
Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie im Internet:
https://www.ev-akademie-boll.de/tagung/430118.html
Die Tagung findet in Kooperation mit dem Pax Christi, dem EJW-Weltdienst und dem Zentrum für Entwicklungspolitische Bildungsarbeit (ZEB) statt.
Pressekontakt: Martina Waiblinger | Fon 07164 79-302 | pressestelle@ev-akademie-boll.de