Bad Boll / Kreis Göppingen - Mehr Investitionen in Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie eine verstärkte Förderung der Kleinbauern fordern Fachleute, die sich seit gestern (25.02.2010) in der Evangelischen Akademie Bad Boll mit Strategien zur Ernährungssicherung in Afrika südlich der Sahara auseinandersetzen. Der größte Teil der weltweit mehr als einer Milliarde Hungernden lebt in dieser Region. Außerdem sei eine bessere Abstimmung der Geberorganisationen untereinander und die Orientierung der Entwicklungshilfe an den Konzepten der jeweiligen Empfängerländer notwendig.
Eine wesentliche Ursache des Hungers in Afrika sind klima- und wetterbedingte Ernteausfälle, denn 70 bis 80 Prozent der afrikanischen Landwirtschaft sind vom Regen abhängig. »Wir brauchen mehr Investitionen in die Landwirtschaft. Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt, denn die politische Sensibilität dafür ist da«, sagte Dr. Rafaël Schneider von der Welthungerhilfe. Die vor zwei Jahren drastisch gestiegenen Nahrungsmittelpreise hatten die Zahl der Hungernden nach oben schnellen lassen, Leidtragende waren vor allem die Armen, gerade auch auf dem Land. Dort leben die meisten Hungernden. Beide Probleme, Armut und Hunger, sind eng miteinander verbunden. »Schon in den 60er Jahren war es wissenschaftliche Erkenntnis, dass die Lösung des Hunger- und Armutsproblems im ländlichen Raum ansetzen muss«, erklärte Professor Manfred Zeller von der Universität Hohenheim auf der Konferenz in Bad Boll.
Die Anpassung der afrikanischen Landwirtschaft an den Klimawandel wurde von den Fachleuten auf der Tagung als zentrale Herausforderung zur Ernährungssicherung gesehen. Immer drängender werde aber auch die Regulierung der zunehmenden ausländischen Landkäufe. Staaten, die wenig oder keine eigenen Ackerflächen haben, wie beispielsweise Saudi-Arabien, kaufen, pachten oder leasen zunehmend Land in großem Stil in Entwicklungsländern. Dies hat unter anderem auch zur Verschärfung der Nahrungsmittelpreiskrise beigetragen.
Die Entwicklung eines internationalen Verhaltenskodexes soll dieses »Landgrabbing« regulieren. Die Klärung der Landrechte ist ein weiterer Schritt zu einer höheren landwirtschaftlichen Produktion und damit zu mehr Ernährungssicherheit.
Richtschnur für alle Lösungsansätze muss das Recht auf Nahrung sein, sagte Dr. Bernhard Walter von »Brot für die Welt«. Dies könne aber nicht die Gebergemeinschaft einfordern, das müsse die Zivilgesellschaft der jeweiligen Staaten machen. Deshalb, so die Fachleute, müsse diese gestärkt werden. Gerade bei der Umsetzung des Rechts auf Nahrung sei es wichtig, von der »gängigen Denkweise« wegzukommen und die Parlamente der Länder zu stärken, damit sie dieses Recht von ihren Regierungen einfordern können. »Die Umsetzung des Rechts auf Nahrung muss auch politisch gesehen werden, nicht nur juristisch«, so Dr. Stefan Schmitz vom Bundesentwicklungsministerium.
Bei der Tagung handelt es sich um eine Kooperationsveranstaltung der Evangelischen Akademie Bad Boll mit der AGEG Consultants eG, der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit Baden Württemberg (SEZ) und »Brot für die Welt«. (Beate Wörner)