Für eine "langfristige Entschulung der Mittelstufe" und für ein einjähriges soziales Pflichtjahr setzte sich der Reformpädagoge Hartmut von Hentig vor rund 200 Schulfachleuten am Montag (14.5.2007) in der Evangelischen Akademie Bad Boll ein. Gerade Schülerinnen und Schüler im 7. und 8. Schuljahr müsse die Chance gegeben werden, die Erfahrung zu machen,"gebraucht zu werden und nützlich zu sein". Diese Erfahrung sei in der Pubertät viel wichtiger als der meist fruchtlose Versuch, den Jugendlichen im Unter-richt klassische Bildungsinhalte zu vermitteln. Jugendliche in dieser Altersstufe brauchen Situationen, in denen sie sich sozial bewähren können, sagte von Hentig. Wenn ihnen solche Situationen vorenthalten werden, stünden sie in Gefahr, zu Mitläufern statt zu mündigen Bürgern heranzuwachsen.
Wenig Vertrauen hat der 81jährige ehemalige Leiter der Bielefelder Laborschule in die bestehenden Lehrpläne. Sie sind im viel zu detailliert, um dem notwendigen kreativen Geschehen in der Schule ausreichende Spielräume zu belassen. Skeptisch äußerte sich von Hentig in Bad Boll zur Schulpolitik, in der er vor allem "Maßnahmen zur Rettung von Maßnahmen" erkannte. Auch gegen internationale Bildungsvergleichstests wie die PISA-Untersuchungen äußerte er Bedenken, weil sie nur bewerten, was messbar sei.