Bad Boll / Kreis Göppingen - Unter den Exil-Tibetern beginnt die Diskussion, ob die eigene Selbstbeschränkung und die Rücksichtnahme auf chinesische Reaktionen aufgegeben werden soll. Dies wurde am Wochenende (6.-8.3.2009) auf einer Tagung der Evangelischen Akademie Bad Boll deutlich.
Der tibetische Politaktivist Wangpo Tethang sagte: »Wir sind nicht die Panda-Bären der Welt«. Zwar gäbe es unter den Exil-Tibetern immer noch viel Respekt vor der Hierarchie und dem sanftmütigen Image des Dalai Lama. Doch der Widerstand gegen die chinesische Okkupation vereinige die Tibeter nicht nur auf einem hohen Niveau des Patriotismus, sondern stärke auch demokratische Strukturen. Er verwies auf Wahlen, die von der Exilregierung durchgeführt werden und auf Trainingsprogramme der politischen Parteien. Eine wichtige Rolle spiele das Radio, über das die Exilregierung auch die Bevölkerung in Tibet erreiche.
Der EU-Gesandte des Dalai Lama, Kelsang Gyaltsen, ließ auf der Tagung erklären, die internationale Unterstützung der Tibeter sei nach den Aktionen im Kontext der Olympischen Spiele inzwischen wieder deutlich abgeflaut. Aber auch er berichtete, dass unter den Exil-Tibetern immer mehr einen härteren Widerstand befürworten, um auf eine substanzielle Änderung der chinesischen Tibetpolitik zu drängen. Im Moment halte man die chinesischen Politiker allerdings für »zu schwach«, um Veränderungen zuzulassen.
Klar wurde auf der Tagung allerdings auch, dass religiöse Bindungen im tibetischen Widerstand nach wie vor eine wesentliche Rolle spielen. Die Religionswissenschaftlerin Luana Laxy stellte in Bad Boll Ergebnisse ihrer Untersuchung zur einer Nachfolge des Dalai Lama vor. Im Rahmen dieser Untersuchung hat sie 400 Exil-Tibeter aller Konfessionen und Regionen befragt. Demnach rechnen 96 Prozent der Befragten mit einer Wiedergeburt des Dalai Lama und sind davon überzeugt, dass »nur ein Dalai Lama Tibet befreien kann«.
Einen ausführlichen Bericht der Tagung hat Akademie-Studienleiter Wolfgang Wagner in dem von ihm herausgegebenen »Ökumene-Rundbrief« veröffentlicht.