Bad Boll / Kreis Göppingen - Zur gemeinsamen Vorbereitung der in dieser Woche stattfindenden UN Klimakonferenz in Bonn traf sich die seit 1992 aktive Arbeitsgruppe »Klimawandel« des Weltkirchenrates in der Evangelischen Akademie Bad Boll. Auf der Bonner Konferenz soll das weltweit verbindliche Kyoto II-Abkommen vorbereitet werden, über das im Dezember auf dem Weltklimagipfel in Kopenhagen entschieden werden soll. Noch gilt bis 2012 das erste Kyotoprotokoll mit einer Verpflichtung der Industriestaaten, ihren Kohlendioxidausstoß um 5 Prozent bezogen auf 1990 zu senken.
Kyoto II, so resümierte die internationale Arbeitsgruppe in Bad Boll, muss viel ambitionierter und gerechter werden. Konkret gelte es, eine Begrenzung für den Anstieg der Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre auf 350 ppm (parts per million) und die globale Temperaturerhöhung um 2 Grad derzeit liegt diese global gesehen bei 0,8 Grad festzulegen.
Die Teilnehmenden berichteten, dass schon heute viele Menschen, besonders im Süden der Erde, unter den Folgen des Klimawandels leiden. Neben dem steigenden Meeresspiegel seien immer häufiger Dürren und Überschwemmungen zu beobachten.
Der Generalsekretär der Kirchen im Pazifik, Fei Tevi, kritisierte die Klimapolitik der Industrieländer. Noch immer setzen sie seiner Ansicht nach zu sehr auf Wachstum mit hohem Ressourcenverbrauch, um kurzfristig Wirtschaft und Beschäftigung zu sichern und vernachlässigen dabei einen engagierten Klimaschutz. Auch wenn es vermutlich für einige Inseln im Pazifik schon zu spät sei, müsse die Welt ihr Umweltengagement intensivieren.
Freddy De Alwis von der asiatischen Konferenz christlicher Kirchen forderte vom Westen den Schutz der Wälder und einen Verzicht auf Biosprit. Allerdings reiche dies nicht aus, solange der armen Bevölkerung in Asien nicht auch finanziell geholfen werde in ein erneuerbares Energiezeitalter zu springen. Ähnlich äußerte sich der Vertreter der orthodoxen Kirche aus Buenos Aires, Elias Abramides, der auf die Klimaverantwortung des Nordens und Westens hinwies. Die Industrienationen müssten endlich mit gutem Beispiel vorangehen und ihre ökologische Schuld auch finanziell ausgleichen.
Auch Nafisa de Souza, die in Indien Dorfbewohnern beim Aufbau einer dezentralen erneuerbaren Energieerzeugung hilft, forderte, dass eine nachhaltige Entwicklung in den Industrieländern endlich breite Praxis werden müsse.
Als Vertreter des Weltkirchenrates betonte Guillermo Kerber, dass die derzeitige Krise auch eine kulturelle und spirituelle Dimension habe. Entsprechend müssten die Kirchen an einer neuen Theologie der Schöpfung arbeiten, die vor allem auch praktisch relevant werden könne.
Sehr interessiert zeigte sich die Arbeitsgruppe an der Studie »Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt«, die Bernhard Walter von Brot für die Welt in Bad Boll vorstellte. Positiv bewerteten die Teilnehmenden vor allem die in der Studie präsentierte ganzheitlicher Sicht auf die globalen Herausforderungen wie auch die vorgeschlagenen Lösungswege.
Beeindruckt waren die Teilnehmenden auch von der nachhaltigen Wirtschaftsweise der Evangelischen Akademie Bad Boll, die von Studienleiter Jobst Kraus erläutert wurde. Er forderte die Kirchen in Europa und in den USA zu einem »new green deal« auf. Dem schlossen sich die Arbeitsgruppenmitglieder an und wiesen darauf hin, dass auch die Forderungen der Kirchen in Bonn und Kopenhagen mehr Resonanz fänden, wenn die Kirchen und auch der Weltkirchenrat selbst, die eigenen Erklärungen ernst nehmen und konkrete Klimaschutzmaßnahmen umsetzen würden.
In den kommenden Tagen in Bonn will die Arbeitsgruppe konkrete Forderungen zum Klimaschutz erarbeiten und dabei vor allen das Kriterium der Gerechtigkeit berücksichtigen. Die Weltgemeinschaft soll aufgefordert werden, praktische Schritte in eine ökologische Zivilisation zu tun, die durch globales und nationales Teilen gekennzeichnet ist und mit weniger Ressourcen auskommt.
Die dänischen Kirchen, so die Koordinatorin der Internationalen Klimakampage, Kirsten Auken, haben dazu eine eigene Arbeitsstelle eingerichtet (www.countdowntocopenhagen.org). Mit kreativen Aktionen soll auf die Dringlichkeit der Situation hingewiesen werden. Geplant ist zum Beispiel ein Glockenläuten mit 350 Schlägen als Zeichen für die nicht zu überschreitende Grenze der Kohlendioxidkonzentration von 350 ppm in der Atmosphäre.