Als Verfahrenspfleger werden die Kursteilnehmerinnen nach bestandener Prüfung in familiengerichtlichen Verfahren eingesetzt. Sie sollen die Interessen des Kindes vertreten, wenn diese in erheblichen Gegensatz zu denen ihrer Eltern stehen. Das gilt in Scheidungsfällen oder bei Konflikten zwischen leiblichen und Pflegeeltern, aber auch bei angeordneter Fremdunterbringung.
Zunehmend mehr wird die Einrichtung von Verfahrenspflegschaften von Gerichten und Jugendämtern als hilfreiche Ergänzung der eigenen Aufgaben erkannt, wenn es um Fragen des Sorgerechts oder des Umgangsrechts geht, die Beteiligten hochgradig zerstritten und die Kinder die Leidtragenden sind.
Das Konzept für die Kurse an der Evangelische Akademie Bad Boll wurde zusammen mit der Hochschule Esslingen entwickelt, die auch für den größten Teil des Lehrplans die Dozenten stellt. Die »Bad Boller Linie« ist unmissverständlich, erklärt Studienleiter Dierk Schäfer: Sie stellt die Kindesinteressen in den Vordergrund. »Die Interessen der Erwachsenen müssen zurückstehen, wenn sie dem Kindeswohl entgegenstehen.«
Seit Beginn der Ausbildungsserie im Jahr 1999 wurden 205 Verfahrenspfleger, in der Mehrzahl Frauen, ausgebildet. Die meisten brachten als Grundausbildung ein abgeschlossenes Studium in Sozialpädagogik, Jura oder Psychologie mit. Alle hoffen nun auf die anstehende Reform des Gesetzes zur Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG). Der Entwurf enthält eine Aufgabenbeschreibung der Verfahrenspfleger, die deutlicher als bisher am Kindeswohl orientiert ist.