Bad Boll. Es gibt zivile Alternativen zu Rüstungsimporten, die gestärkt werden sollten, so lautete eines der Fazits der Tagung Kirche und Rüstung, die am 8. und 9. Mai 2014 in der Evangelischen Akademie Bad Boll stattfand. Mit der Veranstaltung wurde die Arbeit der Landeskirchlichen Kommission für Rüstungskonversion, die seit 2012 am Thema arbeitet, erstmals öffentlich diskutiert. 45 Teilnehmerinnen und Teilnehmer darunter auch die Präsidentin der Landessynode, Inge Schneider diskutierten friedensethische Positionen, um auf dieser Grundlage eine Positionierung zu entwickeln. Oberkirchenrat Prof. Dr. Ulrich Heckel lobte die Ernsthaftigkeit und die Intensität der Diskussion.
Deutschland gilt mittlerweile als drittgrößter Waffenexporteur der Welt nach den USA und Russland. Baden-Württemberg spielt bei der Verbreitung von Kleinwaffen eine besondere Rolle: Hier ansässige Unternehmen liefern ihre Waffen in mehr als 80 Länder. Durch den Verkauf ihrer Lizenzen ermöglichen sie es zudem anderen Staaten, selbst Waffen herzustellen. Die Konsequenz: Jährlich sterben weltweit mehr Menschen durch Kleinwaffen als durch Panzer oder Bomben. Kofi Annan bezeichnete diese Schusswaffen daher auch als Massenvernichtungswaffen des 21. Jahrhunderts.
Zwar wurden im Jahr 2000 politische Richtlinien für Rüstungsexporte von der Bundesregierung verabschiedet. Doch entgegen diesen Regelungen erfolgten seitdem Lieferungen in Krisenregionen und in Länder, die Menschenrechte missachten. Zudem sind die Bewilligungsprozesse intransparent und die Kontrolle der Ausfuhren unzulänglich.
Auf der Tagung referierte Prof. Dr. Christoph Seibert vom Institut für Systematische Theologie der Universität Hamburg über ethische Gesichtspunkte zum Thema Frieden und Sicherheit. Er stellte die Ansätze von Kants Utopie vom ewigen Frieden Augustins Vision vom Frieden als universalem Gut gegenüber. Friedensethik, so seine Schlussfolgerung, sei als Rechtsethik zu verstehen, die als Grundvoraussetzung der Eindämmung von Gewalt bedürfe. Dr. Thomas Nielebock vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Tübingen bewertete Rüstungsexporte im Kontext deutscher Außen- und Sicherheitspolitik aus friedenspolitischer Sicht. Frieden, der mit unfriedlichen Mitteln herbeigeführt werde, gefährdet Frieden, so eine seiner Thesen. Der Militärdekan Dr. Hartwig von Schubert führte in die Kriterien der Ethik rechtserhaltender Gewalt für militärische Interventionen und Rüstungstransfers ein. Oberkirchenrätin Karen Hinrichs berichtete vom badischen Konsultationsprozess zur Friedensethik, und Dr. Bernhard Moltmann führte in die Kriterien der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) zu Rüstungsexporten ein.
Bei lebhaften und kontroversen Diskussionen sammelten die Teilnehmenden zahlreiche Anregungen: die Berichte über Auswirkungen vorhandener und eingesetzter Waffen in Krisenregionen führten zu konkreten Anfragen an die Verantwortbarkeit unserer Rüstungsexportpraxis, Alternativen zum Rüstungsexport sollten bekannter gemacht, Kontakte mit Gewerkschaften und Unternehmen sollten gesucht werden. Auf dem Kirchentag, im Gebet und beim Gottesdienst sollte Raum für dieses Thema sein. Die Landeskirche könnte eine Studie zu Rüstungsexporten in Baden-Württemberg anregen und sich als mahnende Stimme bei dem Thema begreifen. Auch zu bundespolitischen Entscheidungen sollte sie eine klare Haltung einnehmen, so zum Thema des Kleinwaffenexportes und der Waffenlizenzen. Die erarbeiteten Vorschläge werden nun dokumentiert, und in der Landeskirchlichen Kommission zur Rüstungskonversion in der nächsten Sitzung aufbereitet, um sie zur Diskussion in die zuständigen Gremien der Landeskirche einbringen zu können.
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